Die ersten Schritte in eine neue Technikwelt

Die Scheiben - oder formaler - die Disc sind es, die uns im Bereich der Musik, der Filme, oder auch im Datenbereich die Inhalte liefern. Ohne diese Scheiben wären die vielen Zugriffsmöglichkeiten nur etwas Technik ohne Wert. Und doch war es nicht so einfach, wie es zunächst aussah, bis die Disc und die Player sich gegenseitig verstanden.
 

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Zunächst war ja alles nur Theorie, was da im Rahmen der Ideenfindung für eine industrieelle CD-Replikation zum Format der Compact Disc als technologischer Standard entwickelt wurde. Inspiriert von der LP-Schallplattenproduktion wurden dann paralelle Überlegungen skizziert: Die Disc sollte doppelseitig sein, von außen nach innen ausgelesen werden und in einem Pappcover vermarktet werden. Auch waren ja echte Disc erforderlich in der Phase, wo es noch keine lauffähige Produktion der Disc-Herstellung gab. Denn die Abspielgeräte mussten ja auch erst entwickelt werden und ohne die Software, also die Disc, ist das nur theoretisch möglich.
 
   
 
   

Erste Versuchsmuster zur Compact Disc Digital Audio

Um das Prinzip der Compact Disc zu beweisen und auch, um erste abspielfähige Muster zu haben, wurden im Laborverfahren erste einzelne Disc hergestellt. Dabei griffen die Techniker auch auf ihre Erfahrungen bei der Produktion der Bildplattenproduktion zurück. Als Ersatz für das noch nicht vorhandene Material verwendete man Glas als Trägermaterial, das auf fotochemischem Wege beschichtet, belichtet und entwickelt wurde. Um diese Schicht auslesbar zu machen, erfolgte eine Beschichtung mit Aluminium als Reflexionsschicht. Auch beispielsweise Silber, Gold und auch Rodium wären geeignet gewesen. Die Aufbringung dieser Aluminiumschicht erfolgte im Elektrolyhtverfahren. Um diese empfindliche Reflexionsschicht zu schützen, wurde eine zweite Glasscheibe aufgebracht und man hatte sich dabei die Eigenschaft von Glas als verwindungsfreier Werkstoff zunutze gemacht.
         
Sanyo Glas-CD in Stecktasche Sharp Glas-CD in Jewelcase  Philips Glas-CD  Technics Glas-CD im Papersleeve Technics Glas-CD mit Labeldruck
         
Die technischen Bedingungen, um solche Disc herzustellen, waren im Labor gegeben. Allerdings war dieser Prozess sehr aufwendig, weil ja jede Disc einzeln hergestellt wurde. Kleinste Fehler und Ungenauigkeiten führten dazu, dass diese Disc nicht verwendbar waren.     
Nachdem Philips und Sony als Partner entschieden hatten, die Compact Disc zu einem marktfähigem Produkt weiter zu entwickeln, war auch eine Produktion der Scheiben erforderlich. Philips als Mutterkonzern der PolyGram Musikgruppe in Hamburg beauftragte das Presswerk dieser Gesellschaft, also die PolyGram in Hannover-Langenhagen (Deutschland), alle erforderlichen Schritte zur Herstellung dieser neue CD-Scheibe einzuleiten.
Der Aufbau einer industriellen Fertigung der Compact Disc war völliges Neuland und musste erst technisch gelöst werden. Dazu gehörte auch, einen passenden Werkstoff zu finden, aus dem die CD hergestellt werden sollte. Und natürlich auch alle Werkzeuge und Maschinen bereitzustellen, um dann auch die Disc zu produzieren.   Der Start der CD-Produktion © 2016 CD-Museum
 
Erkennbar ist hierbei, dass ursprünglich geplant war, die CD wie eine kleine Form der bekannten Vinylschallplatte mit Innenlabel zu gestalten und es war vorgesehen, auch die CD beidseitig abspielbar zu machen. Weiterhin sollte die Vermarktung in Pappcovern analog zur LP erfolgen. Auch der Auslesevorgang sollte wie bei der LP von außen nach innen vorgenommen werden. Dies wird übrigens auch in dem Werbevideo der PolyGram auf der Startseite noch so dargestellt!
Es war auch durchaus verständlich, dass man sich an dem Produktionsprozess der Vinyl-Schallplatte und deren einzelnen Ablaufschritte angelehnt hatte. Denn es gab ja keine ähnlichen vergleichbaren Produktionsverfahren.
 
Erst im Verlaufe der ersten Versuchsproduktionen stellte man fest, dass nach dem Stand der technischen Entwicklungen Probleme u.a. mit den Fließeigenschaften bei der Erkaltung der gepressten Polycarbonatscheiben auftraten, die zum Außenbereich zunahmen und damit zu einer zusätzlichen "Störgröße" wurde. Daher wurde die Austastung der Informationsspur von innen nach außen geändert und auch eine mögliche doppelseitige CD zunächst vertagt. Und in Sachen Verpackung wurde eine wertigere Lösung mit der Jewel-Case gefunden.
 
   
 
 

Die CD-Replikation startet in Hannover-Langenhagen

Allerdings schaffte es dann schließlich das Presswerk der PolyGram in Hannover-Langenhagen, innerhalb von nur 500 Tagen das kleine Wunder zu vollbringen, eine funktionierende CD-Produktion aufzubauen. Und damit war der Auftrag des Mutterkonzers Philips fast bilderbuchmäßig und schneller als erwartet, auch erfüllt.

 
Claudio Arrau drückt den Startknopf
 Bild © 1982 PolyGram
Der offizielle Start der CD-Produktion in Hannover-Langenhagen wurde dann am 17. August 1982 im Rahmen einer Veranstaltung in Anwesenheit etlicher "Offizieller" und der Presse gefeiert. Den symbolischen Startknopf drückte der Dirigent Claudio Arrau und damit wurde auch der Start in eine neue Generation einer Technologie möglich gemacht.
Die rechts abgebildeten Compact Disc waren dann auch die ersten drei CD-Produktionen, die zum Zeitpunkt der Presseveranstaltung repliziert wurden. So stand es dann anschließend in der Presse.
ABBA
The Visitors
Polydor
800 011-2
Richard Strauss
Eine Alpensinfonie
Berl. Philharmoniker
Herbert von Karajan
Dtsch. Grammophon
400 039-2 
Frédéric Chopin
Walzer
Claudio Arrau
Philips
400 025-2
Doch wenn man das alles sachlich betrachtet, waren diese drei Titel lediglich aus der Situation benannt worden. Mit ABBA war es ein Album, weil diese Gruppe international bekannt war. Herbert von Karajan wurde mit der Alpensinfonie benannt, weil er der bedeutende Unterstützer der CD war. Und Claudio Arrau war vor Ort, um den symbolischen Startknopf zu drücken.
Und wenn wir gerade vom drücken des Startknopfes durch den Pianisten Claudio Arrau sprechen, müssen wir da auch die berichteten Fakten etwas korrigieren. Das Bild zeigt ihn an einer Maschine, die den Labeldruck der Disc im Tampodruck vornimmt und da gibt es auch keinen solchen Startknopf. Der war für diese Veranstaltung als Symbol dort installiert worden, denn die eigentliche Produktion befand sich im allgemein nicht zugänglichen Reinraumbereich. Man muss einfach sehen, die CD-Herstellung war noch eine sehr kritische Angelegenheit, wo man sich im eigentlichen Teil der Produktion nur mit Schutzkleidung bewegen durfte, um jegliche Verunreinigungen zu vermeiden. Zu der Zeit waren die Produktionsbereiche der PolyGram wie ein Kamm aufgebaut und die Besucher konnten durch Fenster sehen, was bei den einzelnen Produktionsschritten passierte. Und die Label-Bedruckung erfolgten dann außerhalb der Reinraumbereiche und daher konnte dann auch Claudio Arrau besagten Startknopf drücken.
Diese Details der Besonderheiten des Presswerkes der PolyGram kennen wir, weil wir in den Jahren auch einmal die Produktion als CD-Museum besucht haben und uns selbst ein Bild machen konnten von den örtlichen Gegebenheiten.
Natürlich startete die CD-Produktion nicht erst mit diesem symbolischen Akt am 17.08.1982 mit den geladenen Gästen, weil das möglicherweise mehr als kritisch geworden wäre. Denn in Anwesenheit der geladenen Gäste musste ja einfach alles perfekt funktionieren. Irgendeine Panne bei der Produktion - und die Presse ist dabei - hätte sofort die ganze Technologie lächerlich gemacht und ein solches Risiko konnte man bei der PolyGram sicher nicht eingehen. Daher muss man bei einem solchen Termin den Gästen ein gutes Gefühl geben und das hatte man dort mit den gezielt ausgesuchten Produktionen dann ja auch geschafft.
PolyGram
Test-Sample
Tschaikovsky: 1812
400 035-2
Produktion 1982
Die ganzen Feineinstellungen und Anpassungen mussten im laufenden Betrieb getestet werden und nach ersten erfolgreichen Probe-Produktionen war die Serien-Fertigung schon angelaufen. Und somit waren auch nicht die immer wieder genannten ersten drei CD-Titel wirklich die ersten Produktionen. Solche Dinge kommen immer dann, wenn "die Presse" unbedingt eine Schlagzeile braucht. Und die erste Disc ist eine solcher Aufhänger!
Was nicht gezeigt wurde, waren die fertigen Produktionen im Lager für den geplanten allgemeinen Marktstart. Denn eine Markteinführung der CD ohne einen ausreichenden Titelkatalog hätte nicht funktioniert.
PolyGram
Exhibition-Sample
Classical Sampler
400 088-2
Produktion 1982
Eines der Exemplare, die vor dem ofiziellen Start bereits in einer Serienproduktion repliziert wurde, war dieser Sampler. Er wurde bei einer Veranstaltung eingesetzt, wo Vertreter der Musikkonzerne und Hardware-Hersteller eingeladen waren, um diese zu einer Partnerschaft bei der Vermarktung des Systems "Compact Disc" zu bewegen. Symbolisch ist die verwendete Bestellnummer 000 000-2 und das weist schon eher auf eine erste Disc hin.
Leider waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle Musikkonzerne von einem Erfolg der Compact Disc überzeugt, auch weil man dort weiter auf die Vermarktung der Vinyl-Schallplatte vertraute.
PolyGram
Promo-Sampler
Sonderproduktion
000 000-2
Produktion 1982
 
In diesem Zusammenhang auch eine kurze Erklärung der Nummern-Systematik, die im Musikbereich neben der PolyGram auch von EMI und Warner so gehandhabt wurde. Eine mehrstellige Bestellnummer wurde um jeweils eine Nummer erweitert, die durch eine Leerstelle, oder einen Bindestrich von der eigentlichen Bestellnummer getrennt war. Dabei stand beispielhaft die 1 für die normale Schallplatte, die 2 für Compact Disc, die 4 für Musikkassette und die 6 für die Maxi-Vinylsingle.
     
 
 
 
Was allerdings zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnte und auch nicht voraussehen konnte, ist das, was dann im Verlaufe der Folgejahre an Möglichkeiten in dieser kleinen Scheibe von 12 cm Durchmesser steckte.
Natürlich gab es auch Rückschläge und Sackgassen, weil sich Ideen der Nutzung nicht im Markt etablieren konnten, aber das lag dann eher an der Vermarktung. Oder an der Tatsache, dass sich bessere Lösungen zu dem Einsatzgebiet ergaben. Und nicht zuletzt haben sich einige Ideen der Anwendungen selbst blockiert, weil deren Lizenzinhaber unbedingt allein diese Lösungen durchsetzen wollten und nicht den Schulterschluss gesucht haben, so wie es Philips und Sony zum Start des CD-Systems gemacht haben.
 

 

   
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